Wir sind eine unabhängige, nichtstaatliche Initiative und packen mit an um das Leben für alle Menschen selbstbestimmt, lebenswert und frei von Ausgrenzung und Ausbeutung zu gestalten.
Willkommen!
Kontakt:
Freies Kulturzentrum Wörthhof, Wörth Str. 10, 81667 München
Auszug aus der Selbstbeschreibung für einen Förderantrag:
Wie lange gibt es die Gruppe schon?
Im Jahr 2007 kam ein in München um seinen Lohn betrogener und wohnungsloser türkischer Werkvertragsarbeitnehmer zu Oguz Lüle und bat um Unterstützung. Bis 2009 unterstützten wir insgesamt 46 Menschen in ähnlichen Situationen und es bildete sich ein stetig wachsender Unterstützer_innen-Kreis, der sich schließlich „Initiative für Zivilcourage“ nannte.
2008 führten zwei Mitglieder der Initiative ein ethnographisches Forschungsprojekt zur Werkvertragsarbeit aus der Türkei in München für die vom Kulturreferat finanzierte Ausstellung “Crossing Munich – Orte, Bilder und Debatten der Migration” durch, welches im Jahr 2009 in der Rathausgalerie ausgestellt wurde. Unser transnationales Forschungsprojekt wurde in der Ausstellung als Comic mit dem Titel “Eiskalte Händchen” ausgestellt und wurde seither in zahlreichen Ausstellung bundesweit gezeigt.
Unter dem Namen Initiative für Zivilcourage treffen wir uns seit August 2009 regelmäßig. Seit Anfang 2010 arbeiten wir eng mit prekarisierten Münchnern aus neuen EU-Ländern im Bahnhofsviertel zusammen, um gemeinsam Wege zur Verbesserung ihrer Lebenssituation und des Zusammenlebens in der Stadtgesellschaft zu beschreiten – für diese Aktivitäten beantragen wir Selbsthilfeförderung.
Warum hat sich die Gruppe gegründet? Von wem ging die Initiative aus?
Die Gruppe in ihrer heutigen Form hat sich gegründet, um prekarisierte Arbeitnehmer und andere Menschen aus den neuen EU-Ländern, insbesondere aus Bulgarien, die von Ungerechtigkeit betroffen sind, in ihrer Selbsthilfe zu unterstützen und so auch das solidarische Zusammenleben in der Stadtgesellschaft zu fördern.
Diese Menschen befinden sich im Mittelpunkt der Münchner Stadtgesellschaft, werden aber bis jetzt fast nicht in der Öffentlichkeit wahrgenommen und es wird noch wenig getan, um ihnen in dieser Stadt Bedingungen für ein würdiges Leben zu ermöglichen. Als Tagelöhner leben viele ohne angemessenen Wohnraum oder auf der Straße, in meist undokumentierten Arbeitsverhältnissen dem Gutdünken der Auftraggeber ausgesetzt. Auch wenn sie als neue EU-Bürger_innen Freizügigkeit genießen, sind ihre Arbeitsrechte extrem eingeschränkt. Bürokratische Hürden, mangelnde Informationsangebote und die Sprachbarriere verhindern einen Zugang zu den wenigen Unterstützungsangeboten und oft auch eine Wahrnehmung ihrer Pflichten als Stadtbürger.
Bis jetzt gibt es für sie kein vergleichbares Angebot in München, vor allem keinerlei Unterstützung ihrer Selbsthilfe. Der Bedarf ist gewaltig.
Was will die Gruppe erreichen?
Wir wollen Menschen helfen, Grenzen in der Stadtgesellschaft zu überwinden und ein selbstbestimmtes und erfülltes Leben zu leben. Das Ziel des hier vorstelligen Projekts ist es, dass prekarisierte MigrantInnen aus den neuen EU-Ländern sich das Wissen und die Kompetenzen aneignen, ihre Lebenssituation zu verbessern und erfolgreich mit der Stadtgesellschaft und -verwaltung zu kommunizieren.
Was haben Sie bisher schon getan? Was hat sich bis jetzt schon an Aktivitäten entwickelt?
Zur Unterstützung der Werkvertragsarbeitnehmer leisteten wir: Begleitung durch die komplexe, meistens einsprachig und oft diskriminierende Bürokratie; Vermittlung einer Anwältin; Lobbyarbeit bei Institutionen, Gericht, Print- und Hörfunkmedien; Organisation eines Flohmarkts, dessen Gewinn gespendet wurde; Besuch bei der Familie eines klagenden Arbeiters in Istanbul. Als sie schon wieder in der Türkei waren, erschienen wir regelmäßig zu den Gerichtsverhandlungen.
Bei einem Infotisch zu den Rechten von Arbeitnehmern im März 2010 lernten wir einige bulgarische Tagelöhner_innen und ihre Problematiken kennen. Seit dem sind wir gemeinsam mit ihnen fast jeden Tag mit verschiedensten Aktivitäten, die alle ehrenamtlich stattfinden, beschäftigt. In dem Raum des Stadtteilprojektes „Munich Central“ der Münchner Kammerspiele konnten wir uns bis Juli 2010 regelmäßig treffen und aufhalten. Wir veranstalteten Diskussionsrunden zu Themen wie Wohnungsproblematik (zwei Treffen), Diskriminierung durch Anwohner und Polizei (zwei Treffen), Rechte und Pflichten von Selbstständigen und zur Verfassung eines Flugblattes und einer Verschriftlichung von konkreten Beispielen von Diskriminierung (siehe Anhang). Die Teilnehmerzahlen betrugen zwischen 10 und 60 Personen. Der Vorsitzende des Ausländerbeirats, die Stelle AMIGRA und ein Anwalt von ver.di nahmen unsere Einladungen an und an Treffen teil. Drei bis fünf mal wöchentlich begleiteten wir bulgarische Münchner auf ihre Bitte hin zu Wohlfahrtsstellen (Bahnhofsmission, open med, St. Bonifaz), Krankenhäusern, zum Arbeitsgericht und zum Amt für Wohnen und Migration. Außerdem trafen wir uns mehrmals wöchentlich, um beim Verständnis von Briefen und Formularen zu helfen und Kompetenzen für deren Vervollständigung zu vermitteln. Weiter boten wir einen wöchentlichen Deutschkurs an.
Etwa 130 Tagelöhner_innen traten auf unsere Vermittlung hin der Gewerkschaft ver.di bei. Auf unsere gemeinsame Initiative hin nahmen bulgarischen Münchner_innen an der ersten Mai Demonstration, an der öffentlichen Podiumsdiskussion „EU-Bürger 2. Klasse?“ im Rahmen des ÖKT, an einem von ver.di organisierten runden Tisch zum Thema „Neue EU-Bürger“ und an einer öffentlichen Diskussion zwischen Vertretern des Bahnhofviertels im Rahmen des Projektes „Munich Central“, teil. Insgesamt haben wir seit März mit geschätzten 250-300 bulgarischen Münchner_innen zusammengearbeitet.
Wie viele Mitglieder hat die Gruppe? Wie viele davon haben ihren Hauptwohnsitz in München?
Unsere stetig wachsende Mailingliste umfasst momentan 27 Personen. 23 davon haben ihren Wohnsitz in München. Etwa 15 Personen kommen regelmäßig zu den Treffen, bei denen um die 9 Mitglieder normalerweise zusammenkommen.
Wie viele Personen arbeiten aktiv in der Gruppe mit?
Momentan sind zwei Personen fast jeden Tag aktiv. Zwei weitere geben den wöchentlichen Deutschkurs. Etwa fünf weitere sind zur Zeit spontan und punktuell beanspruchbar, mindestens einmal die Woche mit im Rahmen der Initiative aktiv und planen ihr Engagement auszubauen.
Wie häufig und wo trifft sich die Gruppe?
Unsere Gruppentreffen finden derzeit alle zwei bis vier Wochen im Kulturzentrum Wörthhof statt. Dazwischen finden spontane Treffen und Arbeitstreffen statt.