Werkverträge

Die Praxis der Werkverträge im Kontext deutscher Migrationspolitik

Werksverträge sind ein migrationspolitisches Instrumentarium. Sie wurden auf der Basis bilateraler Abkommen zwischen Deutschland und osteuropäischen Staaten bzw. der Türkei abgeschlossen und umfassen bestimmte Kontingente von Arbeitern aus den jeweiligen Vertragsländern, die für einen begrenzten Zeitraum (6-24 Monate, oder länger) nach Deutschland kommen. Sie arbeiten in ausgewählten Sektoren (Bau, Gebäudereinigergewerbe, etc.1) zu tarifvertraglich geregelten Arbeitsbedingungen. Diese Praxis wird seit dem 1.3.1996 durch das so genannte Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) gestützt. Der Gleichheitsgrundsatz von Arbeitsbedingungen für ausländische und inländische ArbeitnehmerInnen wird durch den §7 des Arbeitnehmerentsendegesetzes gesetzlich geregelt2.

Eine Entsendung von ArbeitnehmerInnen geschieht trotz der Einschränkung der Freizügigkeit in der Europäischen Union und basiert auf einer Anstellung bei einem Unternehmen im Entsendeland. Hierfür gelten gewisse rechtliche Grundlagen:

Um zu gewährleisten, dass die Rechte und Arbeitsbedingungen entsandter Arbeitnehmer in der gesamten Europäischen Union geschützt sind, und um „Sozialdumping“ zu vermeiden – d. h. die Unterbietung von Preisen auf lokalen Märkten durch ausländische Dienstleister, deren Arbeitsnormen weniger streng sind –, sieht das EU-Recht eine Reihe von Vorschriften zu den allgemeinen Arbeitsbedingungen entsandter Mitarbeiter vor. Laut diesen Vorschriften müssen die für inländische Arbeitnehmer geltenden Normen im Gastland auch auf entsandte Arbeitnehmer angewandt werden“3.

Insgesamt kann das Arbeitnehmerentsendegesetz als ein historisch gewachsenes Instrument der Migrationspolitik gesehen werden, welches die Intention hat, „Gastarbeit“ ohne Zuwanderung zu gewährleisten.

Auf dem von den Grünen veranstalteten Fachgespräch „Illegaler Niedriglohn – Herausforderungen für die Politik“ im Bayerischen Landtag wurde das Thema der Werkverträge debattiert. Teilnehmer waren Herr Zwisler (Landesinnung Gebäudereiniger), Ludwig Pirner (IG Metall), Martin Runge (Landtagsabgeordneter der Grünen), René Matschke (Finanzkontrolle Schwarzarbeit, eine Abteilung des Zolls) und Oguz Lüle (Kulturzentrum Wörthhof, Fürsprecher zweier gegen ihre ehemaligen Arbeitgeber klagender Werkvertragsarbeiter).

Laut René Matschke (FKS) haben die Werksverträge zum Zeitpunkt ihrer Verhandlung zwischen 1988 und 1995 das offizielle politische Ziel gehabt, mittels bereits existierenden Mindestlohnsätze (in bestimmten Sektoren, z.B. im Baugewerbe 12,50 Euro) die jeweiligen Branchen mitsamt den ArbeitnehmerInnen in den Entsendeländern zu fördern. In erster Linie, so Matschke, habe jedoch die momentane Werkvertragspraxis eher dazu geführt, inländische Arbeitgeber zu fördern. Indem diese auf billige Arbeit zurückgreifen können, sind sie in der Lage, die Preise anderer Unternehmen zu „dumpen“ und tragen somit auch zu einem Preisverfall für Arbeit bei. Konkret, so Matschke, werde den ArbeitnehmerInnen im Schnitt 7 Euro ausbezahlt. Türkische Arbeiter erhielten jedoch nur 3 bis 4 Euro, rumänische und bulgarische teilweise sogar noch weniger. Dabei werden von den Arbeitgebern (in unserem Fallbeispiel) offizielle Lohnbescheinigungen über geleistete Arbeitsstunden und genommenen Urlaub gefälscht, welche legales Vorgehen der Unternehmen vortäuschen. In München werden laut Matschke auf bis zu 1500 Baustellen Werkvertragsarbeiter beschäftigt.

Die Kontingente werden bilateral verhandelt. Vor Beginn einer Entsendung „ist ein Arbeitgeber mit Sitz im Ausland, der einen oder mehrere ArbeitnehmerInnen innerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes beschäftigt, verpflichtet, vor Beginn jeder Werk- oder Dienstleistung eine schriftliche Anmeldung in deutscher Sprache bei der zuständigen Behörde der Zollverwaltung vorzulegen,(…)“ (§ 3 AEntG)4.

Im Verlauf der Entsendung müssen die Pässe der Werkvertragsarbeiter zusammen mit der Arbeitsgenehmigung in der Ausländerbehörde des jeweilig zuständigen Kreisverwaltungsreferats alle drei Monate abgestempelt werden, womit der Aufenthalt in Deutschland legalisiert wird. Die Sozialleistungen der jeweiligen Arbeiter müssen von den entsendenden (Sub-)Unternehmen übernommen werden.

Die Involvierung des Zolls und weiterer Behörden zeigt, dass die Mobilität der ArbeitnehmerInnen in hohem Maße durch den Staat kontrolliert und reguliert wird.

Werkverträge mit der Türkei sind seit dem 18.11.1991 in Kraft. Die bundesweite Zahl der türkischen Werkvertragsarbeitnehmer ist auf 7000 beschränkt (Deutsch-türkische Regierungsvereinbarung, §2). „(1) Die festgelegte Zahl der Werkvertragsarbeiter wird vom Ministerium für Arbeit und soziale Sicherheit der Republik Türkei auf die türkischen Unternehmen verteilt. Um die Einhaltung der festgelegten Zahl der Werkvertrags ArbeitnehmerInnen sicher zu stellen, wird von der türkischen Seite eine Organisation bestimmt, die die einzelnen Werkverträge registriert und gegenzeichnet.“ (§3) Diese Organisation verhandelt unseres Wissens wiederum mit verschiedenen Subunternehmen, welche dann die Arbeiter anwerben.

1In:http://www.zoll.de/d0_zoll_im_einsatz/b0_finanzkontrolle/e0_aentg/c0_info_an/k0_arbeitsbedingungen/index.html

2In:http://www.zoll.de/d0_zoll_im_einsatz/b0_finanzkontrolle/e0_aentg/a0_info_ag/d0_arbeitsbedingungen/index.html

3 In: http://ec.europa.eu/employment_social/labour_law/postingofworkers_de.htm

4 in: http://bundesrecht.juris.de/aentg/__3.html