Der dritte Werkvertragsarbeiter erkämpft sein (Arbeits)Recht!

Nach den zwei gewonnenen Fällen im Januar, hat der türkische Werkvertrags-Arbeiter M. V. seinen ausstehenden Lohn vor dem Arbeitsgericht München zugesprochen bekommen – und zwar in voller Höhe von etwa 8.000 Euro netto. Der anwesende Anwalt des beklagten Subunternehmens ARA enthielt sich jedes Kommentars, so dass ein Versäumnis- und Endurteil erging. Der Subunternehmer kann jedoch innerhalb von 2 Wochen Einspruch erheben. Der zweite Kläger, von dem keine Originalvollmacht vorlag, hatte die Kanzlei der Anwältin heute morgen telefonisch um den Rückzug der Klage gebeten. Er wisse nicht, wieviele Schuldscheine der Subunternehmer ihn habe unterschreiben lassen und das Risiko sei ihm zu hoch. Letzte Woche schon legte das Subunternehmen ein Schreiben eines weiteren Klägers vor, in dem dieser der Anwältin die Vollmacht entzieht.
Das beklagte Subunternehmen scheint nach seinen Niederlagen wieder verstärkt Einfluß auf die klagenden Arbeiter zu nehmen.

Einladung zur Pressekonferenz am 26. Januar 2010

In Folge der überraschenden Wendung im Fall der 44 türkischen Werkvertrags-Arbeiter laden wir sie herzlich zur Pressekonferenz am Dienstag, 26. Januar 2010, 15.00 Uhr, im Kulturzentrum Wörthhof, Wörthstr.10, Haidhausen, ein!

Nachdem letzte Woche zwei Werkvertrags-Arbeiter die aussichtslos scheinende Klage gegen ihre betrügerischen Arbeitgeber gewonnen haben, gerät nun das Subunternehmen und sein Anwalt unter Bestechungsverdacht.

Stadtrat Yasar Fincan, RA Nihal Ulusan und Oguz Lüle werden Rede und Antwort stehen.

Oguz Lüle ist massgeblich an der Aufdeckung der Lohnbetrugsskandale in den letzten Jahren beteiligt. Heute wagt er sich mit einem Schreiben an die Staatsanwaltschaft auf politisch pikantes Terrain. Er beschuldigt den Anwalt der angeklagten Firma Murat Haznedar eines Bestechungsversuches. In Anwesenheit des Stadtrats Yasar Fincan habe Haznedar, auch als türkischer Politiker mit weitreichenden Verbindungen bekannt, ihm und seinem Kulturzentrum Spenden in Aussicht gestellt. Auch habe er eine routinehafte illegale Praxis der Subunternehmer eingestanden.

Stadtrat Yasar Fincan tritt als Zeuge auf, um der verbrecherischen Praxis entgegenzutreten.

Rechtsanwältin Nihal Ulusan konnte bisher für zwei der geprellten Arbeiter ihren Lohn erstreiten – trotz raffinierter Fälschungsmethoden und skrupelloser Bedrohungen von Seiten der Unternehmer.
Weitere Arbeiter erstritten Lohnsteuerrückvergütungen von bis zu 2000 Euro, die das
Subunternehmen in die eigene Tasche stecken wollte.
Wir gehen davon aus, dass nun auch weitere geprellte Arbeiter ihre Rechte einfordern werden und bieten diesen die Unterstützung der Initiative für Zivilcourage
an.

Auch wird der Komik “Eiskalte Händchen” vorgestellt werden, in dem Matthias Weinzierl die auf einer sozialen Studie beruhende Geschichte eines Werkvertragsarbeiters – von der Vertragsschließung über einen Arbeitsunfall bis hin zur Gerichtsverhandlung – nachzeichnet. Nach Absprache steht er zur Veröffentlichung frei.

Bei Fragen und Anmerkungen wenden Sie sich bitte an:
Eiskalte Händchen von Matthias Weinzierl

Initiative für Zivilcourage
Kulturzentrum Wörthhof
Wörth Strasse 10
81667 München

Verurteilung wegen Lohnbetrug: Unternehmen muss zahlen!

Zwei der klagenden Werkvertragsarbeiter aus der Türkei haben ihren Prozess gewonnen!
Ausserdem ist es zu weiteren skrupellosen Aktionen des Unternehmens gekommen.

Wir bitten Euch, hierüber zu berichten und die folgenden Kontaktdaten der Initiative für Zivilcourage zu veröffentlichen, damit sich betroffene Arbeiter an uns wenden können.

Initiative für Zivilcourage, Kulturzentrum Wörthhof, Wörthstr 10, Tel: 089 28805664 (Oguz Lüle)

Pressemitteilung der Initiative für Zivilcourage – 15.01.2010

Verurteilung wegen Lohnbetrug: Unternehmen muss zahlen!

Zwei türkische Werkvertragsarbeiter haben erfolgreich ihren ausstehenden Lohn von etwa 3000 Euro erklagt, so verkündete das Arbeitsgericht München am Mittwoch, den 13. Januar 2010. Nihal Ulusan, die Anwältin der Arbeiter, konnte den geprellten Arbeitern ihren Lohn erstreiten – trotz raffinierter Fälschungsmethoden und skrupelloser Bedrohungen von Seiten der Unternehmer.
Weitere Arbeiter erstritten Lohnsteuerrückvergütungen von bis zu 2000 Euro, die das Subunternehmen in die eigene Tasche stecken wollte.
“Nach langem Kampf in den Mühlen der Gerichtsbarkeit und der Bürokratie werden diese ersten Erfolge gegen die betrügerischen Subunternehmen den noch klagenden Arbeitern Mut geben, den Einschüchterungsversuchen ihrer ehemaligen Arbeitgeber weiter zu trotzen. Jede/r betrogene Arbeiter_in, der nun einen Lichtblick sieht, kann sich gerne an die Initiative für Zivilcourage
wenden!” so Lisa Riedner, Mitbegründerin der Initiative.
Die Anwältin und Oguz Lüle, Unterstützer der Arbeiter, hielten Bestechungsversuchen und Verleumdungen ihrer Person stand. Einer der siegreichen Arbeiter war mit erpressten Schuldscheinen dazu gezwungen worden, ihnen Korruption vorzuwerfen. In Anwesenheit eines SPD-Stadtrats hatte der Anwalt des Unternehmens Oguz Lüle Geldspenden in Aussicht gestellt.
“Eine wirkliche Verbesserung der Lage der Arbeiter kann es aber nur durch eine Änderung der rechtlichen Grundlagen geben. So schlagen wir unter anderem vor, daß den Werkvertragsarbeiternehmer_innen ein Arbeitgeberwechsel im Rahmen ihrer Aufenthaltserlaubnis freigestellt werde sollte”, so die Initiative für Zivilcourage.

Wieso haben 44 Werkvertragsarbeiter Klage erhoben?
Im Mai 2009 haben 44 türkische Bauarbeiter am Münchner Arbeitsgericht Klage wegen Lohnbetrug und misslichen Arbeitsbedingungen gegen ihre Arbeitgeber erhoben. Ihnen wurde weder der gesetzliche Mindestlohn von 12,85 noch der mündlich vereinbarte Lohn von meist 4,50 Euro die Stunde ausgezahlt. Stattdessen erhielten sie meist nur etwa drei Euro Stundenlohn; sie mussten überdies massiv Überstunden leisten und haben keinen Urlaub
erhalten. Des Lesens und Schreibens sind einige der 44 Arbeiter kaum mächtig. Alle mussten mehrere Blankounterschriften (Kontovollmacht, Schuldscheine, Urlaubsantrag, Zahlungsnachweise etc.) leisten, mit denen das Subunternehmen in der Lage war, offizielle Dokumente – vom Stundenzettel bis zu Zahlungsnachweisen – zu fälschen. Somit täuschten die
Arbeitgeber einerseits ein legales Vorgehen des Unternehmens vor, schafften sich aber gleichzeitig auch Möglichkeiten, die ArbeitnehmerInnen unter Druck zu setzen.

Werkvertragsarbeiter1 dürfen nur für einen begrenzten Zeitraum (6 – 24 Monate) in ausgewählten Sektoren (Bau, Gebäudereinigergewerbe etc.) arbeiten. Ihre Aufenthaltserlaubnis ist an das Arbeitsverhältnis gebunden: Die Aufenthaltsgenehmigung erlischt mit Ablauf des Arbeitsvertrages, ein Arbeitsplatzwechsel ist ausgeschlossen. Tarifvertraglich geregelte Arbeitsrechte müssen (theoretisch) auch Werkvertragsarbeitern gewährt werden – wie dieser Fall zeigt, werden sie aber häufig systematisch umgangen. Zusätzlich untermauert die Koppelung der Aufenthaltserlaubnis an ihren Arbeitsvertrag – sie konnten sich also keine andere Arbeit suchen,
ohne in die aufenthaltsrechtliche Illegalisierung zu rutschen – und der Mangel an politischer und juristischer Vertretung die Abhängigkeit und Prekarität des Arbeitsverhältnisses institutionell. Im Gegensatz zu vielen anderen WerkvertragsarbeiterInnen entschlossen sich die 44 türkischen Bauarbeiter – nach einer Razzia des Zolls – Widerstand zu leisten und Klage zu erheben. Am 3. Juli 2009 war der erste Verhandlungstag ihrer Klage vor dem Arbeitsgericht München. Die Männer waren, ohne Arbeitsverhältnis und somit mit erloschener Aufenthaltsgenehmigung, längst wieder in der Türkei.

Wie reagierten die Verantwortlichen auf diesen skandalösen Fall von Betrug nicht nur um Lohn, sondern auch um Arbeits- und Menschenrechte?
– Der Subunternehmer bedrohte die Arbeiter und ihre Familien in der Türkei systematisch mit gefälschten Schuldscheinen, um die Rücknahme ihrer Klage zu erpressen. Gleichzeitig zweifelten sie die gefaxten Vollmachten der Arbeiter vor Gericht an, so dass ihre Anwältin neue Vollmachten von den oft analpabetischen und eingeschüchterten Arbeitern in der Türkei erfragen musste. Ausserdem setzten sie einen Arbeiter unter Druck, eine vorverfasste Aussage zu unterschreiben, die die Anwältin und einen weiteren ehrenamtlichen Unterstützer der Arbeiter der Korruption und eigennützlichen Verschwörung beschuldigte. In Deutschland tauchte das Subunternehmen zunächst unter und arbeitet mittlerweile wohl unter anderem Namen weiter.
– Die Generalunternehmen, die trotz allgemeiner Bekanntheit der Zustände offenbar ohne kritisches Hinterfragen dem konstengünstigsten Subunternehmen den Zuschlag gaben, streiten jede Verantwortung ab. Über die Bau-Bilanz der Subunternehmen wären die Arbeitsverhältnisse jedoch leicht auf Lohnbetrug hin zu untersuchen gewesen.
– Die Auftraggeber, unter ihnen der ADAC, entziehen sich ebenso jeder Verantwortung. Der Münchner Immobilien Gruppe wurde von Oberbürgermeister Christian Ude am Richtfest zur Fertigstellung der Skyline Tower sogar noch zum aussergewöhnlich schnellen Bau der Türme
gratuliert2.
– Die Arbeitsrichter schienen sich bis jetz wenig für die Fälle zu interessieren. Sie gaben bisher allen Anträgen des Subunternehmer-Anwalts Recht und verlangten offenbar was nur möglich ist von der Anwältin3 der Arbeiter. Die Richter gewährten bisher auch keine Prozesskostenhhilfe, so dass die Anwältin auf ehrenamtlicher Basis arbeiten muss.
– Die Staatsanwaltschaft hat bis jetzt keine Anklage gegen die Unternehmen erhoben.
– Die Gesetzgeber zeigen kein Interesse, die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu Gunsten der Arbeiter zu reformieren.
Bei Fragen oder bei Interesse an unseren Vorschlägen zur Veränderung dieser unhaltbaren Situation, kontaktieren Sie uns bitte:
Initiative für Zivilcourage
Kulturzentrum Wörthhof
Wörthstrasse 10
81667 München
Tel: 089 28805664
089 44454158
— Ende der Pressemitteilung —

1 Die Arbeiter kamen im Rahmen von Werkvertrags-Arbeitsverhältnissen aus der Türkei nach München. Werkvertragsarbeit basiert seit 1988 auf bilateralen Abkommen zwischen Deutschland und elf Ländern Osteuropas sowie der Türkei. Grundlage ist die Entsendung ausgehandelter Kontingente von Werkvertragsarbeitern aus den jeweiligen Vertragsländern nach Deutschland. Die Arbeiter lassen sich von Subunternehmen rekrutieren, die den organisatorischen Part der Entsendung und des Aufenthalts übernehmen um, ähnlich wie Zeitarbeitsfirmen in Deutschland, die „Arbeitskraft“ an andere Unternehmen weiter zu vermieten.

2 Pressemitteilung der Schörghuber Unternehmensgruppe vom 28.07.2009: http://www.schoerghuberunternehmensgruppe.
com/html/presse/meldung_alles.php?flash=&js=&press_id=1563&actual=&category_id=5&year=2009
3 Interview mit Anwältin Ulusan in SZ, 26.10.2009 : “Die Unternehmen sind professionell kriminell.” URL:
http://www.sueddeutsche.de/jobkarriere/352/491716/text/

Interview mit Rechtsanwalt Rolf Gneiting

Herr Rechtsanwalt Rolf Gneiting hat schon letztes Jahr in Zusammenarbeit mit Oguz Lüle vom Kulturzentrum Wörthhof zwei Fälle von türkischen Werkvertragsarbeitern vertreten und ist auch bei den aktuellen Fällen dieses Jahr beteiligt.

Hier ein Kurzinterview mit ihm:

-Was können Sie über die rechtliche Position von
WerkvertragsabeiterInnen im Falle einer Lohnklage gegen ihren
Arbeitnehmer sagen?

RA. Gneiting:
Werkvertragsarbeiter/innen stehen für die Arbeitsvertragszeit
bezüglich der Vergütung unter dem Schutz des für allgemein verbindlich
erklärten Tarifvertrages (Bau).
Wenn die Arbeiter erst zu einem Zeitpunkt arbeitsgerichtliche Hilfe
einleiten, zu dem bereits die Lohnansprüche verjährt sind, ist nach
hiesiger Rechtsprechung nichts mehr zu machen.
Die meisten Arbeitnehmer kommen entweder gar nicht oder spät zum Anwalt
oder  z.T. wohl auch zum Falschen, insbesondere wenn sie z.B. von ihrem
Arbeitgeber bzw. von Freunden von diesen vermittelt wurden.
Selbst wenn Arbeiter hier einen Zwangsvollstreckungstitel (also z.B. ein
Urteil oder ein Vergleich) hätten, könnten sie hier wie im Falle der Beiden
nichts erlangen, weil das türkische Unternehmen die deutsche Filiale
bereits geschlossen hat (Bayreuth); wäre allerdings der deutsche
Generalbauunternehmer mit verklagt worden (für den Nettolohn) und das
Urteil würde sich auch gegen ihn erstrecken, könnte hier gegen diesen
zwangsvollstreckt werden.
Ob ein evtl. deutscher Titel gegen einen türkischen Arbeitgeber in der
Türkei mit Aussicht auf Erfolg verwendet werden kann, weiß ich nicht.

-Wie schätzen Sie die Chancen ein, daß ArbeiterInnen sich überhaupt
ihrer Rechte bewusst sind, bzw. dann die notwendigen Schritte im
gesetzten Zeitraum unternehmen?

RA.Gneiting:
Soweit ich bisher erfahren habe, sind sich jedenfalls die türkischen
ArbN über ihre Rechte nicht bewusst oder sie sagen sich, dass ein
kleiner Lohn hier immer noch besser ist gar keiner in der Türkei.
Außerdem dürfte es so sein, dass diese Leute (wohl zu recht) Sorge
haben, dass sie im Falle eines Vorgehens gegen ihre ArbG hier oder in
der Heimat mit negativen Konsequenzen rechnen müssen (von Bedrohungen
bis hin zur Nichtberücksichtigung beim möglichen nächsten Arbeitseinsatz)

-Was können Sie zu den rechtlichen Konsequenzen in Hinsicht auf z.B. den
Aufenthaltsstatus oder die Krankenversicherung sagen?

RA.Gneiting:
Der Aufenthalt in D. ist verbunden mit der Frist, welche im
Entsendearbeitsvertrag vereinbart und vom hiesigen Arbeitsamt genehmigt
ist. Die Aufenthaltserlaubnis ist also in der Regel wenige Tage über das
Ende der Arbeitszeit hinaus befristet und kann aufgrund des Wegfalles
des Aufenthaltszwecks grundsätzlich nicht verlängert werden. Auch die
Krankenversicherung ist auf diesen Zeitraum beschränkt; diese geht aber
offenbar nach türkischen Regeln. Ob im türkisch-deutschen Sozialwerk
auch eine Vereinbarung für diese Arbeiter besteht, weiß ich nicht (evtl.
bei AOK einen Spezialisten fragen). Beim Lohn wird wohl für diese
Entsendearbeiter keine deutsche Sozialversicherung abgezogen, sondern
eine türkische!

Verdi Hamburg startet Beratung von illegalen ArbeiterInnen

Die TAZ berichtete am 7.4.2008 über das Verdi Pilotprojekt zur arbeitsrechtlichen Beratung von Migranten ohne gesicherten Aufenthalt. („Ver.di entdeckt Herz für Papierlose“)
Die Hilfe von Institutionen ist besonders für Menschen die hier in ungesicherten oder kurzweiligen Verhältnissen leben enorm wichtig. Nach langem Hin und Her hat sich Verdi Hamburg nun zu einem Pilotprojekt entschlossen.
Bei den Fällen von Fikri und Selami merken wir auch wie wichtig Einzelfallarbeit im Bereich der illegalen Beschäftigung bzw. im Bereich der illegalen Niedriglöhne sein kann.
Wenn klar wird das ArbeiterInnen sich hier erfolgreich für ihre Rechte einsetzen können kann dies dazu führen, dass das
Schweigen vieler ArbeiterInnen aus Angst und Unkenntnis ihrer Rechte endet.

Subunternehmer betrügen und bedrohen ausländische Bauarbeiter

Immer wieder werden ausländische Arbeitnehmer, die Subunternehmer in Deutschland beschäftigen, weit unter Tarif bezahlt und im Zweifelsfall am Ende noch um ihren Lohn betrogen. In München macht jetzt ein extremer Fall Schlagzeilen: Türkische Bauarbeiter wurden von ihrem Chef um tausende von Euro betrogen,und als sie protestierten, drohte er ihnen, sie umzubringen.

Es ist ein alltägliches Verbrechen, es geschieht jeden Tag überall in Deutschland und alle schauen weg. Da bekommt eine Firma einen Auftrag und gibt ihn gegen Provision an einen Subunternehmer weiter. Der engagiert seine Arbeiter aus dem Ausland, bezahlt sie weit unter Tarif, und kassiert vom Auftragnehmer den vollen üblichen Lohn für alle. Eine gute Gewinnspanne, der Subunternehmer profitiert durch seine Ausbeuterei kräftig. Aber manchem reicht das noch nicht, er betrügt seine Arbeiter dann auch noch um einen Teil des ihnen zugesagten Lohns. Die ausländischen Arbeitnehmer haben keine Lobby, nur sehr selten wehren sie sich – und wenn sie wieder in ihre Heimatländer zurückgekehrt sind, kräht kein Hahn mehr danach, wie sie ausgenutzt wurden.

In München haben Fikri Düzgün und Selami Kaya Glück im Unglück gehabt, denn sie haben jemand gefunden, der für sie spricht, sich für sie einsetzt. Die beiden türkischen Bauarbeiter haben bei Oguz Lüle, der das Kulturzentrums Wörthhof betreibt, Unterschlupf und Unterstützung bekommen. Als die beiden in der Türkei mit Werkverträgen angeworben wurden, habe man ihnen zugesagt, dass sie fünf Euro die Stunde in Deutschland verdienen würden – das auf ihrer offiziellen Lohnabrechnung 12,40 Euro standen wussten sie und waren mit diesen Bedingungen einverstanden. Nach mehr als einem Jahr Arbeit auf verschiedenen Münchner Baustellen erhielten sie aber letztlich weit weniger als den zugesagten Lohn. Fikri Düzgün hat insgesamt 2.717 Stunden als Eisenflechter gearbeitet und dafür 10.400 Euro erhalten – das entspricht einem Stundenlohn von 3,80 Euro. Sein Kollege Selami Kaya kam auf ungefähr 2.000 Arbeitstunden und erhielt gerade mal 7.500 Euro. Urlaubsgeld oder andere Leistungen erhielten sie natürlich auch nicht. Als sie sich bei ihrem Chef beschwerten, bedrohte er sie. Sie nahmen seine Drohungen – unter anderem: „Wer mir schadet, den bringe ich um“ – auf Tonband auf. Inzwischen wurden auch ihre Familien in der Türkei eingeschüchtert.

Oguz Lüle hört öfter solche Geschichten, im letzten Jahr hatte er bereits für andere türkische Bauarbeiter gekämpft, die gegen einen Unternehmer aufbegehrten, weil er ihnen nur sporadisch und nie in zugesagter Höhe ihren Lohn zahlte. Er meint: „Seit einiger Zeit wissen wir schon von den schrecklichen Verhältnissen auf Baustellen in München. Sogar auf Baustellen der Stadt wurden – und werden – Menschen mit Hungerlöhnen teilweise unter sklavenähnlichen Verhältnissen beschäftigt. Die Subunternehmer schreiben fiktive Löhne und Stunden auf die Lohnzettel. Tatsächlich arbeiten die Arbeiter viel mehr und bekommen viel weniger ausbezahlt.“ Er geht davon aus, dass viele der 5.000 mit Werkverträgen vorübergehend auf deutschen Baustellen Arbeitende aus der Türkei ähnlich ausgebeutet werden.

Erst kürzlich wurde ein solcher Fall aus Schweinfurt bekannt. Und es ist davon auszugehen, dass es ausländischen Bauarbeitern, die für Subunternehmen aus anderen Ländern schuften, auch so ergeht.

Selami Kaya und Fikri Düzgün bekommen Recht!!!

Hieraus soll eine Informationsseite zu den Fällen von Fikrit Düzgun und Selami Kaya werden. Die beiden kamen aus der Türkei hierher und arbeiteten auf Münchener Baustellen, bekamen dafür letztendlich aber nur einen Lohn von 3-4 Euro gezahlt.